Aktuelle Denkansätze eines “Neuen Realismus” in Deutschland und Frankreich
CERC-Projekt von Markus Gabriel
Unter der Leitung von Prof. Dr. Jocelyn Benoist (Paris 1) und Prof. Dr. Markus Gabriel (Bonn), widmet sich das „Centre de Recherches sur les Nouveaux Réalismes“ (CRNR) der interdisziplinären Erforschung und Weiterentwicklung von realistischen Denkansätzen, die insbesondere in Frankreich und Deutschland unter dem Titel eines „Neuen Realismus“ in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen haben. Bei aller Diversität teilen diese Denkansätze die Überzeugung, dass Konventionen, Gewohnheiten, kulturelle Vorurteile und andere Kontextbedingungen unseres Wissenserwerbs in den meisten Fällen nicht dafür sorgen, dass sich die Tatsachen nach uns richten. Sie mögen beeinflussen, wie wir die Realität auffassen, aber nicht, worin sie besteht. Die Stoßrichtung dieser Denkansätze richtet sich damit gleichermaßen gegen postmoderne Strömungen und gegen einseitige Szientismen. Weder die Festlegung, alle Wissensansprüche seien kulturell relativierbar, noch die Festlegung, alle validen Wissensansprüche hätten sich am Voraussetzungskanon zeitgenössischer Naturwissenschaften zu orientieren, wird geteilt. Auf dieser Grundlage eröffnet sich ein facettenreiches Panorama philosophischer Forschung: Ontologie, Metaphysik, Erkenntnis- und Intentionalitätstheorie, Sozialontologie, Moral- und Rechtsphilosophie, Sprachphilosophie und Ästhetik gehören zu den Interessen, über die an den beiden Standorten geforscht wird. Pro Jahr organisieren die Partner mehrere Arbeitstagungen in Paris und Bonn, immer auch unter Beteiligung anderer geistes- und kulturwissenschaftlicher Disziplinen. Die zweisprachig gehaltenen Tagungen behandeln Themen, an denen sich zeitgenössische philosophische Debatten besonders lebhaft darstellen und weiterführen lassen. Ohne dass philosophiehistorische Einbettungen fehlen könnten, wird damit dem systematischen Fokus des CRNR konsequent Rechnung getragen. Aus diesen regelmäßigen Begegnungen der beiden Forschergruppen erwachsen gemeinsame Publikationen und andere Projekte ( u.a. gemeinsame Summer-Schools). Das LIA unterstützt Studierende, Promovenden und Post-Docs bei der Organisation und Stipendieneinwerbung für Forschungsaufenthalte.
Das CRNR wurde am 25. September 2017 gegründet. Es verbindet den CNRS (Centre national de la recherche scientifique), die Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, und die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Zuge einer Forschungspartnerschaft zwischen dem Institut des sciences juridique et philosophique (Paris 1) und dem Internationalen Zentrum für Philosophie NRW. Das Förderformat „LIA“ verbindet französische und nicht-französische Forschergruppen und erlaubt gemeinsame Projekte, Tagungen, Publikationen, etc. Ziel des Formats ist die Schaffung und Entwicklung eines „laboratoire sans murs“, einer gemeinsamen integrierten und thematisch fokussierten Forschergemeinschaft über Ländergrenzen hinweg.