„Vergessen? Niemals!“ Unter diesem Motto lud das CERC gemeinsam mit dem Gustav-Stresemann-Institut (GSI), dem Institut français (IF) Bonn und der Deutsch-Französischen Gesellschaft Bonn Rhein-Sieg Schüler:innen von Bonner Gymnasien am 24. Januar zu einem Projekttag ein, der sich im GSI rund um die zweisprachige Ausstellung Déportés, leur ultime transmission/ Die Deportierten, ihr letztes Zeugnis, konzipiert von Karine Sicard-Bouvatier, drehte.
Die Ausstellung zeigt bis Ende Februar Porträts von Deportierten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, die überlebt haben – gemeinsam mit Jugendlichen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme dasselbe Alter hatten, wie die Überlebenden zum Zeitpunkt ihrer Deportation. Diese Verbindung der Generationen löste bei den Besucher:innen starke Eindrücke und Emotionen aus.
Der Tag begann mit Workshops, bei denen die Schüler:innen des Friedrich-Ebert-Gymnasiums und des Hardtberg-Gymnasiums gemeinsam mit der Fotografin Karine Sicard-Bouvatier die Genese der Ausstellung kennenlernten und das Gezeigte durch eine kreative Auseinandersetzung auf Französisch vertieften. Im Zuge dessen konnten die Schüler:innen aus verschiedenen Aufgaben wählen und sich entweder über einen generationsübergreifenden, persönlichen Brief/Dialog oder über eine fiktive Pressekonferenz zum Umgang mit dem Holocaust in verschiedene Akteure, Meinungen und Lebensgeschichten hineinversetzen. Am Nachmittag leiteten Christina Schröer, wissenschaftliche Geschäftsführerin des CERC, und Matthieu Osmont, Leiter des IF Bonn, einen Workshop zur Erinnerungskultur des Holocaust im deutsch-französischen Vergleich, bei dem es um den Wandel der Erinnerung von der Nachkriegszeit bis heute, aber auch um Fragen der medialen Vermittlung des Themas über Gedenkstätten, Literatur und Film ging. In Gruppenarbeit entwickelten die Schüler:innen eigene Perspektiven, auch im Hinblick auf die Zukunft der Erinnerungsarbeit nach Verschwinden der Zeitzeugengeneration. Der grenzübergreifende Austausch wurde einstimmig als Mehrwert empfunden, da er über nationale Besonderheiten hinaus den Blick für das Wesentliche schärft.
Höhepunkt des Tages war die Podiumsdiskussion mit dem Titel Vergessen? Niemals! – Deutsch-französische Perspektiven zur Erinnerung an den Holocaust, die von über 100 Interessierten vor Ort und online verfolgt werden konnte. Es diskutierten Karine Sicard-Bouvatier (Fotografin), Judith Elkán-Hervé (Auschwitz-Überlebende), Peter Geiss (Professor für Didaktik der Geschichte, CERC/Uni Bonn), Coralie vom Hofe (CIVS, Berlin) und Schüler:innen aus Bonn. Die Moderation übernahm Annabelle Steffes-Halmer von der Deutschen Welle.
Die Veranstaltung hinterließ einen starken Eindruck im Publikum und regte zum persönlichen Nachdenken an. Das Zeugnis einer der letzten Überlebenden verlieh der Veranstaltung eine besondere Tiefe. Judith Elkán-Hervé beeindruckte mit einem Appell an die Menschlichkeit: Ihre Erinnerung galt nicht nur den Verbrechen, sondern auch den Menschen, die es ihr ermöglichten zu überleben; ihre Botschaft an die Schüler:innen war nicht geprägt von Hass, sondern von dem Aufruf zur Wahrheitssuche und zur Brüderlichkeit. Gleichzeitig wurde das persönliche Zeugnis im Gespräch mit den Podiumsgästen in den historischen Kontext sowie in aktuelle Perspektiven und Herausforderungen der Erinnerungsarbeit eingebettet. Viele Fragen aus dem Publikum konnten beantwortet werden.
Die Veranstaltung wurde im Rahmen der Deutsch-Französischen Woche ebenso wie als Beitrag zum internationalen Holocaust-Gedenktag organisiert. Es wurde für alle Beteiligten unmittelbar erfahrbar, wie wichtig die Pflege der Demokratie und gemeinsamer Grundwerte auch für unsere aktuelle Gesellschaft ist.